Teamwork stand am vergangenen Mittwoch im Vordergrund des Arzt-Patienten-Vortrags zum Thema periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) – im Volksmund Schaufensterkrankheit - in der HELIOS Klinik Bad Berleburg. In ihren reich bebilderten Vorträgen erklärten die Chefärzte Dr. med. Frank Melz und Prof. Dr. med. Sebastian Freudenberg, warum es in der Behandlung verkalkter Gefäße vor allem auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit ankommt.
„Was ist eine Arterie?“ Dr. Frank Melz, Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin/Kardiologie, beginnt den Vortrag mit dem kleinen Einmaleins der Gefäßkunde: Arterien sind Schlagadern. Sie transportieren das sauerstoffreiche Blut und stehen, anders als die Venen, ständig unter Hochdruck: Das Herz presst das Blut förmlich von sich weg, in die Arterien hinein. Diese müssen dem Druck nicht nur standhalten, sie müssen ihn auch ausgleichen. Und genau hier kommt die Arteriosklerose ins Spiel: Ist eine Arterie verkalkt, kann das Blut nicht ungehindert hindurch fließen. Bei Bewegung, wie sie beim Wandern oder Treppensteigen entsteht, fordern die Beine mehr Sauerstoff an, um die verlangte Leistung erbringen zu können. Doch kommt das sauerstoffreiche Blut aufgrund der Engstelle nicht ausreichend im Gewebe an. Das Blut staut sich vor der Engstelle, wird sauer und dickflüssiger und verstopft die feinen Blutgefäße. Das verursacht Schmerzen und kann im schlimmsten Fall zu Gerinnselbildung oder Absterben des Gewebes führen. Die Übersäuerung des Blutes, so Gefäßchirurg Prof. Freudenberg, ist jedoch auch positiv: „Zur Behandlung der arteriellen Verschlusskrankheit führen wir unsere Patienten oft bis an ihre Schmerzgrenze heran – das heißt Bewegung! Der Druck in den Arterien und die Übersäuerung des Blutes führen dazu, dass sich natürliche Umgehungskreisläufe bilden die das Gewebe mit Nährstoffen versorgen. Leider reicht diese Therapie nicht immer aus“, so Prof. Freudenberg.
Dass ein Patient betroffen ist, kann er leicht ermitteln: haarlose Beine oder dicke, gelbe Zehennägel sind wichtige Anzeichen. „Schmerzen bei Bewegung und Linderung, sobald die Aktivität eingestellt wird, sind ebenfalls typische Symptome für eine arterielle Verschlusskrankheit“, erklärt Dr. Melz. Will man auf Nummer sicher gehen, hilft ein simpler Test: Werden die Füße blass, wenn man auf dem Rücken liegend zwei Minuten mit den Beinen kreist? Dann ist eine arterielle Verschlusskrankheit wahrscheinlich. Klarheit bringt die ärztliche Untersuchung: Der Haus- oder Facharzt tastet das betroffene Bein zunächst ab und beurteilt es optisch. Erhärtet sich die Verdachtsdiagnose ordnet er eine Doppleruntersuchung an, bei der nicht nur die Organstruktur, sondern auch die Geschwindigkeit des Blutflusses angezeigt wird. Zudem misst er den Fußpuls oder veranlasst eine MRT-Untersuchung „Betroffene müssen nicht befürchten, dass eine Operation unausweichlich ist. Noch vor 10 Jahren wurden Verschlusskrankheiten konsequent operiert. Heute operieren wir nur noch in 10 von 100 Fällen“, sagt Prof. Freudenberg. Die meisten Patienten, die unter der Schaufensterkrankheit leiden, werden heute interventionell, also in Kathetertechnik, behandelt. „Die Diagnostik mit dem Katheter ist besonders genau, da wir das Gefäß von allen Seiten sehen und schon während der Untersuchung behandeln können“, so Kardiologe Dr. Melz. Jeder Patient mit einer arteriellen Verschlusskrankheit wird daher zunächst auch Dr. Melz vorgestellt. Der Fachmann für interventionelle Gefäßerweiterungen beurteilt gemeinsam mit den Gefäßchirurgen die Lokalisation und den Schweregrad der Erkrankung und entscheidet, ob der nicht-operative Therapieansatz vielversprechend oder ob eine Operation erforderlich ist.
Je nach Ausprägung der Arterienverkalkung und Länge der nicht-durchbluteten Stelle erfolgt die Behandlung mittels Ballondilatation, Stent oder einer medikamentösen Lyse. Bei der Ballondilatation wird das Blutgefäß durch einen aufgedehnten Ballon wieder durchlässig gemacht, während das beschichtete Metallröhrchen, der Stent, in das Gefäß eingebracht wird und dort bleibt. Durch seine gitterartige Struktur integriert sich der Stent in das Gewebe und ist nicht mehr von diesem trennbar. Die sogenannte Lyse wird oft mit der Ballondilatation oder dem Stent kombiniert und löst Blutgerinnsel medikamentös auf – ein Verfahren, das auch bei der Behandlung ischämischer Schlaganfälle eingesetzt wird.
Helfen diese Verfahren einem Patienten nicht oder kommen sie aufgrund der Schwere der Erkrankung nicht in Frage, hilft der Chirurg. Er kann Gefäße auch über eine längere Strecke öffnen, reinigen und wieder verschließen. Auch das Legen eines Bypasses, einer Umgehung der Engstelle, ist eine operative Möglichkeit, um den Blutkreislauf wiederherzustellen. „Egal wie gut eine Therapie ist: Am besten ist es, wenn die Schaufensterkrankheit gar nicht entsteht“, mahnt Dr. Melz. Dafür können Patienten einiges tun: Zwar ist die Krankheit oft genetisch bedingt, doch ist Rauchen ein steuerbarer Risikofaktor. Ausreichende Bewegung hilft den Blutdruck zu senken und ist neben einer gesunden, mediterranen Ernährung gut geeignet, einem Diabetes mellitus vorzubeugen – weitere Faktoren, die eine Arteriosklerose und somit eine arterielle Verschlusskrankheit begünstigen.
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