Den 18. April 2013 wird Anke M. nie vergessen. Im Radio hörte sie in den Nachrichten, dass eine 14-jährige Radfahrerin bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt wurde. Ihre innere Unruhe trieb sie zu der Unfallstelle, von der die schwer verletzte Radfahrerin längst mit einem Hubschrauber ins evangelische Krankenhaus in Bielefeld geflogen wurde. Die Beschreibung der Verletzten durch einen Polizisten zog ihr den Boden unter den Füßen weg, denn aus dem Bangen wurde die Gewissheit, dass es sich um ihre Tochter Wenke handelte.
Ärzte empfahlen die Reha-Klinik in Hattingen
Im Krankenhaus angekommen, erhielt Anke M. eine wenig aussichtsreiche Prognose: Schwere Hirnverletzung, Koma, Beatmung und Morphine. „Aber meine Tochter lebte, wenngleich sie noch in Lebensgefahr schwebte“, erinnert sich Anke M. Mehr als einen Monat verbrachte Wenke M. im Bielefelder Krankenhaus. „Die Ärzte haben uns schon früh eine Rehabilitation in Hattingen empfohlen. Dort sei man auf Hirnverletzungen, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, spezialisiert“, erinnert sich die 39-Jährige.
Kernspintomographischer Befund ermöglicht keine sichere Prognose
In der frühen Phase der Rückbildung eines Wachkomas wurde Wenke M. in der VAMED Klinik Hattingen zunächst im MRT untersucht. „Auch ein kernspintomographischer Befund ermöglicht keine sichere Prognose. Wir wissen nicht, welche Teile des Gehirns sich wann regenerieren und welche verloren gegangenen Funktionen von anderen Bereichen übernommen werden“, sagt Oberarzt Wolfgang Boksch. Der Mensch verfügt über nahezu 100 Milliarden Gehirnzellen, von denen jede im Durchschnitt über 10.000 Verknüpfungen verfügt. „Bei einer Schädigung durch einen Unfall, durch eine Hirnblutung oder durch Sauerstoffmangel hängt die weitere Entwicklung vom Grad der Schädigung ab. Eine optimale Therapie wird durch den Willen und die Kraft des Betroffenen und seiner Angehörigen gefördert“, so Wolfgang Boksch.
Schnelle Fortschritte
Wenke machte schnelle Fortschritte. In der VAMED Klinik Hattingen erhielt sie Massagen, basale Stimulationsbehandlung im Rahmen der pflegerischen Versorgung, Krankengymnastik, Ergotherapie, Kunsttherapie und psychologische Therapie. In einem speziellen Wasserbett in einem Raum mit Musikuntermalung und Lichteffekten wurde die sensorische Wahrnehmung der 14-Jährigen gestärkt. Nach zwei Monaten in der Reha-Klinik waren Fortschritte erzielt, an die keiner zuvor geglaubt hatte. Wenke konnte den Mund beim Zähneputzen öffnen, den Arm beim Waschen langsam strecken, sich auf die Bettkante setzen und unter Anleitung ihres Krankengymnasten Markus Baumert im hohen Gehwagen erste vorsichtige Schritte tun.
„Der schönste Augenblick in meinem Leben war, als Wenke nach mehr als drei Monaten das erste Wort zu mir sprach“, sagt Anke M. Die Zeit, in der Wenke mit Sondenkost ernährt wurde, ist längst vorbei. Sie erhielt danach pürierte Kost und kann schon jetzt wieder normale Nahrung zu sich nehmen.
Klinikeigene Schule mit kognitiver Förderung
In der klinikeigenen Schule mit fünf Lehrern erhält Wenke einen speziellen Unterricht, der auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Unterrichtet werden nahezu alle Fächer – darunter auch berufsbildende Inhalte – damit Kinder und Jugendliche nach dem Klinikaufenthalt nicht zu große Defizite haben. Die kognitive Förderung ist Teil des schulischen Unterrichts.
Die ersten Schritte sind getan. „Alles geht plötzlich so schnell und meine Wenke wird von allen als kleines großes Wunder bezeichnet“, freut sich Anke M. „Der Willen unserer kleinen Patientin, die große Unterstützung ihrer Mutter und eine intensive Therapie haben das ermöglicht“, sagt Oberarzt Wolfgang Boksch. Anke M. kann ihr Glück kaum fassen: „Der Reha- Klinik bin ich mehr als dankbar. Die Ärzte, Therapeuten und Pfleger haben sich für Wenke Zeit genommen, sich rührend um sie gekümmert und auch für meine Sorgen immer ein offenes Ohr und Zeit gehabt.“ Viel Unterstützung erhielt sie außerdem durch Klaus Jäger, Leiter der Sozialberatung der VAMED Klinik Hattingen.