Indikationen für eine Rehabilitation von Gehörlosen
Sie benötigen Angebote zur AHB (Anschlussheilbehandlung) z. B. nach Operationen wegen internistischen Erkrankungen wie koronarer Herzkrankheit, Herzklappenerkrankungen, Bauchspeicheldrüsenerkrankungen oder Operationen wegen orthopädischen Krankheitsbildern wie degenerativer Hüft-, Knie, Rücken- oder Schultererkrankungen. Der Zugang zu den allgemeinen AHB-Kliniken ist Gehörlosen aber wegen der fehlenden Kommunikation in Deutscher Gebärdensprache weitgehend verschlossen. Ein Gehörloser könnte dort die wesentlichen therapeutischen Inhalte und Therapien nicht vermittelt bekommen. Zudem wäre er vollständig isoliert, da er weder mit dem Personal noch mit den Mitpatienten kommunizieren könnte. Nur in wenigen Spezialkliniken in Deutschland kann über die Beschäftigung eines Gebärdensprachdolmetschers die barrierefreie Teilnahme an allen Therapien sowie der Kontakt zu Ärzten und Therapeuten gesichert werden. Einige Mitarbeiter der psychologischen Abteilung sind gebärdensprachkompetent, so dass die psychologischen Einzel- und Gruppentherapien hier ohne Dolmetscher in DGS durchgeführt werden können. Die Notwendigkeit ist erkennbar, wenn wir als Hörende uns vor Augen führen, dass wir bei sehr persönlichen oder intimen Themen wie Partnerschaft oder erfahrenen traumatischen Erlebnissen auch keine dritte Person in einem Therapiegespräch als Übersetzer dabei haben wollten. Über den therapeutischen Bereich hinaus kann sich der gehörlose Patient mit den vielen anderen Gehörlosen in Gebärdensprache austauschen. Die genannten Voraussetzungen stellen sicher, dass auch Gehörlose mit den unter den Abteilungen Innere Medizin und Orthopädie/Unfallchirurgie genannten Indikationen zu einer Rehabilitation der Abteilung "Hörstörungen" aufgenommen werden und barrierefrei behandelt werden können.
Der zweite Schwerpunkt der Rehabilitation für Gehörlose sind Heilverfahren, in deren Mittelpunkt Probleme des Alltags stehen, die einerseits durch die Kommunikationsbarriere mit der „hörenden“ Welt entstehen oder zumindest mitverursacht sein können. Andererseits werden gehörlose Patienten mit kommunikationsunabhängigen Konflikten und psychischen Belastungen aufgenommen, wie sie vergleichbar in der „hörenden Welt" ebenfalls auftreten, z. B. Konflikte am Arbeitsplatz, in der Familie oder Partnerschaft sowie psychische Belastungen durch Stress, Ängste und Depressionen. So sind oft Arbeitsplatzkonflikte mit den hörenden Kollegen ein Grund für Kränkungen, Benachteiligungen oder eine fehlende Einbindung der gehörlosen Beschäftigten bei Fortbildungen oder Teambesprechungen. Im familiären Bereich ergeben sich u. a. möglicherweise Konflikte bei gehörlosen Eltern in die Erziehung von hörenden Kindern durch Einmischung von hörenden Familienangehörigen (z. B. Großeltern). Durch die begrenzte, vergleichbar kleine Zahl von Gehörlosen spielen Klatsch und Tratsch eine noch wesentlich größere Rolle als in der hörenden Welt.
Solche Konflikte führen häufig zu körperlichen und seelischen Beschwerden wie Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, psychovegetativer Erschöpfung Ängsten und Vermeidungsreaktionen. Durch sehr große Angespanntheit kommt es oft zu starken Verspannungen im Schulter-, Nacken-, aber auch dem übrigen Rückenbereich sowie zu anhaltenden Kopfschmerzen. Auch sind depressive Entwicklungen, soziale Ängste und nur gering entwickelte soziale Kompetenzen als Folge sozialer Ausgrenzung nicht selten anzutreffen. Erfahren Sie mehr über die Therapieziele.